Montag, 7. Oktober 2013

Arbeit, Freizeit und Protest in der dritten Woche

Letzte Woche habe ich die bis jetzt beste Aufgabe bekommen: In einigen teilnehmenden Bäckereien in der Region findet nämlich Ende Oktober eine Verlosung statt ... wer sein Brot auf Baskisch kauft, nimmt daran teil, und zu gewinnen gibt es einen Monat lang Brot kostenlos. Dafür mussten die Schachteln, in die die Lose dann reinkommen sollen, gebastelt werden. Die Schachteln selber mussten nur noch zusammengesetzt werden, aber beklebt werden sollten sie oben mit dem Plakat von der Verlosung und seitlich mit dem Bild von den Loszetteln - nur dass auf den Loszetteln ein Feld ist, wo man Name und Adresse einträgt, und dort auf der Schachtel natürlich besser das Datum von der Verlosung stehen sollte. Zusätzlich haben Bakartxo und ich dann festgestellt, dass man das Plakat nicht so wie geplant auf die Schachtel kleben kann, weil man sie sonst nicht mehr aufmachen kann. Und die falsche Größe hatte beides sowieso.
Also hab ich mich daran gemacht, das ganze mit spanischsprachigem (!) Photoshop (ich kannte obendrein bis dahin nur Photopaint) entsprechend zu verändern (unter anderem musste ich die Schrift auf dem Plakat woandershin versetzen). Zu meinem Glück sind sich Photoshop und Photopaint aber sehr ähnlich und außer wie man ein Element vergößert oder verkleinert habe ich tatsächlich alles gefunden.
Dann musste das alles noch an die anderen Zuständigen in der Region geschickt werden, ob sie das so gut finden, und als am nächsten Tag dann feststand, dass sie es gut finden (nachdem Bakartxo ihnen erst noch hinterhertelefonieren musste), konnte ich mich an die restliche Arbeit machen - Schachteln zusammensetzen, oben Schlitz rein für die Zettel und bekleben.

Der Turmbau zu Babel (später hab ich noch die
Loszettel obendrauf gestapelt)
Ane: "Darf ich ihn umschmeißen?"
Axun: "Nicht solange hier Kaffe rumsteht!"

Und später, als eine der Lehrerinnen von AEK reingeguckt und den Turm bewundert hat, Kommentar von Axun: "Sie ist Deutsche, die haben Erfahrung im Mauern bauen." :D

Das fertige Werk 1

Das fertige Werk 2
Am Mittwoch hab ich dann wieder Werbung nach Sprachen sortiert und am Donnerstag und Freitag Plakate für das Bierfest nächste Woche gemalt, auf denen Sprüche und Dialoge im hiesigen Dialekt stehen.

So viel zur Arbeit, kommen wir zu meiner Freizeitgestaltung letzte Woche:
Am Montag bin ich mit Haizea, die ein Jahr jünger ist als ich, mit dem Fahrrad zu den Minen gefahren, was sehr nett war.
Am Dienstag bin ich eigentlich mit dem Vorhaben, Geld abzuheben und Obst zu kaufen, ins Zentrum gegangen, hab aber auf dem Weg Alazne und Olatz in einem (dem beliebtesten) Café sitzen gesehen und bin also auf dem Rückweg bei ihnen vorbei. Olatz meinte: "Wir gehen gleich, aber so lange kannst du dich ja zu uns setzen." Das war um halb sechs ... und um halb acht war ich es dann, die gegangen ist :D In der Zwischenzeit haben wir unter anderem Seiko urria, eine hiesige Version von Elfer raus, gespielt und da ich gewonnen habe, müssen die anderen beiden mir nächstes mal ein Getränk ausgeben.
Am Mittwoch bin ich nach Hendaia gefahren, um endlich meine Carte de Réduction Jeune abzuholen und Haizea war so lieb mich zu begleiten. Ich war überrascht, wie gut ich es geschafft habe, Französisch zu reden (zumal ich ja zwischendrin mit Haizea immer Baskisch geredet habe), und jetzt hab ich sie endlich, die Carte Jeune! Da wir die S-Bahn nach Oiartzun gerade verpasst hatten und eine halbe Stunde auf die nächste warten mussten, sind wir noch ein bisschen rumgelaufen, aber da der Bahnhof offensichtlich im hässlichsten und tristesten Teil von Hendaia liegt, sind wir bald wieder zurück gegangen und haben am Bahnhof dann einen jungen Mann getroffen, der nach Iruñea wollte und dem gesagt worden war, dass er dafür in Irun in den Bus umsteige müsse - Haizea wusste allerdings nur von einem Bus von Donostia (wo die S-Bahn auch hinfährt) aus. Der Typ war Franzose, Haizea hatte seit über einem Jahr kein Französisch mehr und ich hatte mein Französisch zwar noch parater, kenn mich aber dafür hier nicht aus ... also hat Haizea Französisch mit Spanisch gemischt geredet und hin und wieder mich nach einem Wort gefragt und ich hab ausgeholfen, wenn Haizea den Mann nicht verstanden hat, aber ich schon ... und am Schluss waren meine Gedanken in einer Mischung aus Baskisch und Französisch ...
Danach war ich noch mit Haizea auf der asanblada und danach völlig fertig ...

Ja, die asanblada, das muss ich jetzt noch erklären. Am Montag ist nämlich was passiert: Die Guardia Civil, die paramilitärische spanische Polizei, hat in Gasteiz, Bilbo, Iruñea und Hernani Razzien in den Büros der Organisation Herrira durchgeführt und 18 Personen verhaftet, außerdem sollen die Konten blockiert und die Webseiten und Facebook- und Twitterkonten geschlossen werden (die Facebookseite ist noch da, die Webseite ist schon weg ...). Den Verhafteten wird vorgeworfen, den Terrorismus zu verherrlichen und zur ETA zu gehören, beziehungsweise sie zu finanzieren.
Herrira bedeutet "ins Land" oder "nach Hause" und die Organisation setzt sich für die Rechte der baskischen politischen Gefangenen ein, gerade vor dem Hintergrund des Endes des bewaffneten Kampfs von Seiten der ETA. Ihre Hauptforderungen sind, die Verstreuung der Gefangenen auf den gesamten Spanischen und Französischen Staat zu beenden (daher der Name) und Sonderregelungen wie die sogenannte Parot-Doktrin, die vielen ETA-Mitgliedern eine Haftverkürzung unmöglich macht, abzuschaffen.
Es ist das erste Mal, seit die ETA vor knapp zwei Jahren den bewaffneten Kampf beendet hat, dass wieder so gegen eine zivile Organisation vorgegangen wird.
Um dagegen zu protestieren, wurden die ganze Woche über Kundgebungen und ähnliches veranstaltet, in Oiartzun war eben am Mittwoch die asanblada (in der Theorie eine Versammlung aller, die kommen wollen, in der besprochen wird, was jetzt getan werden soll; in der Praxis hat eine Person (ich glaube von der hiesigen Herrira-Gruppe) Vorschläge unterbreitet und das wars) und am Freitag mittags eine kurze Kundgebung und abends eine Menschenkette (bei der ich aber nicht war, weil es so arg geregnet hat ...) ... und am Samstag dann, wie immer, wenn so etwas passiert, eine nationale Demo in Bilbo. Aus Oiartzun sind vier Busse hingefahren und insgesamt waren es wohl ungefähr 65.000 Teilnehmer.

Mein Versuch, die Demo zu fotografieren ...
... und weil der Versuch nicht sehr erfolgreich war,
hier noch eins von der Presse ;)
Dazu ein kleiner Artikel in der jungen Welt (nicht von mir, aber trotzdem gut :P)

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